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Perle

Aue Reussegg feierlich eingeweiht

Evelyne Heeb

Gleich dreifach wurde am Samstag, 24.08.2024, im Reussegger Schachen gefeiert. Das 30-jährige Bestehen des Auenschutzparks Aargau, die Einweihung der Aue Reussegg und eine Buchvernissage. Höhepunkt war der Durchstich der Reuss in die Aue.

«Heute begrüssen wir einen ganz besonderen Gast – die Biodiversität.» Mit diesen Worten eröffnete Regierungsrat Stephan Attiger, Vorsteher Departement Bau, Verkehr und Umwelt, um kurz nach 10 Uhr den offiziellen Festakt. Über fünfhundert Gäste waren bei strahlendem Sonnenschein zu Fuss, mit Velo oder mit Shuttlebussen gekommen, um auf die Erfolgsgeschichten anzustossen. «Die Weitsicht der Aargauerinnen und Aargauer hat vor dreissig Jahren die Basis für diesen Freudentag gelegt. Seit 1994 ist in der Kantonsverfassung verankert: Mindestens ein Prozent der Kantonsfläche muss Auenschutzgebiet werden. Mit Abschluss dieses zwanzig Hektaren grossen Renaturierungsprojekts sind wir diesem Ziel ein grosses Stück nähergekommen », so der Regierungsrat.

Auenregeneration für Lebensraum
Vertreter aller Projektbeteiligten kamen an der Eröffnungsfeier zu Wort. Die Co-Bauherren – der Kanton und Pro Natura Aargau – betonten in ihren Reden wiederholt die Wichtigkeit der Auenlandschaften. «Wir erschaffen Lebensräume wieder, welche über Jahrhunderte durch intensive Nutzung verloren gingen. Auen sind Hotspots der Biodiversität. Rund vierzig Prozent der Pflanzenarten sind hier vertreten und jede achte Tierart ist auf diesen Lebensraum angewiesen», sagte Matthias Betsche, Geschäftsführer Pro Natura Aargau. Zudem spielen diese dynamischen Übergangsgebiete zwischen Land und Wasser eine zentrale Rolle für den Hochwasserschutz und den Wasserkreislauf. Mit der Wiederherstellung von Feuchtgebieten wird die Wasserspeicherkapazität gefördert. «Wasser ist der Rohstoff der Zukunft. Wir müssen definitiv mehr Sorge dazu tragen», hielt Betsche fest.

Ein Generationenprojekt
Gemeindeammann Josef Huwiler blickte in seiner Ansprache auf eine lange, herausfordernde Zeit zurück. Von der Projektidee bis zum Baustart im Juni 2019 hat es zwanzig Jahre gedauert. Ein entscheidender Schritt zur Realisierung des Auenschutzparks war die Bereitschaft der Bauernfamilie Huwiler, Land an den Kanton abzutreten, wenn ihnen dafür ein anderer Hof angeboten werden könne. Die Moderne Melioration Sins-Reussegg regelte im Anschluss die Landumlegung. Eine grosse Herausforderung stellte zudem die Sanierung eines belasteten Standorts und die Verlegung der Trinkwasserfassung der Wasserversorgung Auw dar. Finanziert wurde das Projekt durch Kanton, Pro Natura, das Bundesamt für Umwelt und das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich. Letzteres lieferte mit 1,9 Millionen Franken aus dem «naturmade star»-Fonds den grössten Beitrag, den der Fonds je an ein Einzelprojekt ausbezahlt hat.

Vielseitiges Festprogramm
Der Durchstich der Reuss in die Aue war der Höhepunkt des offiziellen Festakts. Gebannt verfolgten hunderte Augenpaare, wie das Wasser langsam in die Aue strömte und in Zukunft für die volle Dynamik in der Landschaft sorgen wird. Nach dem offerierten Apéro verteilten sich die Besuchenden auf dem Festgelände. Die Wanderausstellung zur ökologischen Infrastruktur des Kantons Aargau war zu Gast, genauso wie der renommierte Autor und Fotograf Heinz Staffelbach, der sein neustes Buch «Auenland Aargau – Orte zum Entspannen» vorstellte. Die jüngeren Gäste nutzen die Möglichkeit, einen Bagger zu bedienen oder beobachteten unter der Lupe Flusslebewesen.

Wasserbüffel als heimliche Stars
Geschätzt wurden die Führungen zur neu erstellten Trinkwasserfassung und durch die Aue. Die Teilnehmenden erfuhren von den ersten Erfolgen, die sich bereits gezeigt haben. Bedrohte Tierarten wie der Iltis, der Flussregenpfeifer, der Eisvogel und der Kiebitz sind nach Sins zurückgekehrt. Als heimliche Stars entpuppten sich die Wasserbüffel, die in der Aue weiden. Sie liessen sich vom Besucheraufmarsch nicht aus der Ruhe bringen und kühlten sich seelenruhig in einem Tümpel ab. Ortsansässige Landwirtschaftsbetriebe mähen oder beweiden die Flächen. Diese offenen Flächen kommen wärmeliebhabenden Pflanzen oder bodenbrütenden Vögeln entgegen. «Auen müssen unterhalten und gepflegt werden, um die verschiedensten Lebensräume langfristig zu erhalten», erklärte Christian Rechsteiner, Gesamtprojektleiter des Kantons.

Invasive Neophyten bekämpfen
Zum Unterhalt gehört auch die konsequente Bekämpfung von invasiven Neophyten. Regelmässig sind unter anderem Mitglieder des Natur- und Vogelschutzvereins Oberfreiamt unterwegs, um gebietsfremde Pflanzenarten wie beispielsweise das einjährige Berufskraut auszureissen. Diese freiwilligen Arbeitseinsätze sind für Vereinsmitglied Anita Gössi eine Herzensangelegenheit. «Das ist mein Beitrag, der Natur zu helfen. So haben wir die Neophyten hier im Griff.» Noch sind die Arbeiten nicht ganz zu Ende. Damit Besuchende künftig einen möglichst guten Einblick in diesen Hotspot der Biodiversität bekommen, sind ein Wegnetz, Infotafeln und Beobachtungshügel geplant. Denn die Auen sollen nicht nur Tiere und Pflanzen anziehen, sondern auch die Bevölkerung. Oder in den Worten von Attiger ausgedrückt: «Auen sind für alle wichtig. Für Mensch, Natur und Biodiversität.»

Fotos: eh

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