Perle
Forum zum Thema «Mobilität im ländlichen Raum»
Muri Mobil sein. Das ist Alltag. Ob zu Fuss, im Auto, auf dem Velo oder im Zug. Mobil sein. Das verändert sich laufend. Im Furttal werden bald selbst fahrende Fahrzeuge getestet. Mobil sein. Das bringt Herausforderungen mit sich. Das wird am Wirtschaftsforum in Muri deutlich.
Wenig Platz. Dafür umso mehr Ansprüche. Es sind die immer gleichen Herausforderungen. Auch im ländlichen Gebiet. Reto Anderhub weiss, wovon er spricht. Er ist Gemeinderat in Hochdorf, leitete das Projekt «Entwicklung Südiareal». 84’000 Quadratmeter, direkt beim Bahnhof. Vor einigen Jahren hat die Gemeinde das Land gekauft. Aus dem einstigen Industriegebiet soll ein Ort werden, wo gelebt und gearbeitet wird. «Mit Verkehrsdrehscheibe», sagt Anderhub. Ein Ort also, wo möglichst alle Mobilitätsangebotezusammenkommen. «Bald geht es ans Eingemachte», sagt er. Grundlagen sind längst erarbeitet. «Mit der gesamten Bevölkerung. Das ist enorm wichtig. Ich bin überzeugt, was man bei der Mitwirkung investiert, lohnt sich am Schluss doppelt.» Es ist einer von vielen Ratschlägen, die an diesem Abend an die Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus dem Bezirk Muri gelangen. Denn geplant ist, dass für die Region eine Mobilitätsstrategie entwickelt wird. Wo soll es hingehen? Wo braucht es welches Angebot? Wie kann man Mobilität lenken? Es sind drei von ganz vielen Fragen, die darin abgebildet werden sollen. Pionier ist man dabei nicht. Im Fricktal oder im Zurzibiet wurden bereits solche Strategien erarbeitet. Dominik Kramer ist Sektionsleiter Gesamtverkehrsplanung beim Kanton Aargau. «Das Ziel ist ein funktionierendes System, das künftige Mobilitätsbedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft abdeckt.» Dass das nicht so einfach ist, wie es tönt, weisser. Zumal dabei zwei Dinge besonders wichtig seien: Erreichbarkeit und planbare Reisezeit.
Voneinander lernen
Der Kanton Aargau hat eine Mobilitätsstrategie, basierend auf dem kantonalen Richtplan und dem Sachplan Verkehr. Und der Kanton hat einen Werkzeugkasten erstellt, mit dem Gemeinden und Regionen hantieren können.«Das Bestehende möglichst gut organisieren, Optimierungen definieren, priorisierte Verkehrsmittel festlegen», nennt er einige einzelne Schritte. Zusammengefasst sagt Kramer: «Nutzen Sie den Gestaltungsspielraum, es gibt ihn. Zwar nicht in allen Bereichen, aber er ist da.» Auch er betont das Miteinander.«Kommunikation und Partizipation.» Abschreiben von anderen Regionen, das gehe aber nicht. «Weil jede Region anders ist, ihre Eigenheiten hat», weiss Dominik Kramer. Aber voneinander lernen, dazu sei geraten. Vom Projekt in Hochdorf etwa. Gemeinderat Reto Anderhub erzählte von einer Vision, die man zusammen mit der Bevölkerung erarbeitet habe. «Immer wiederhaben wir den Planungsstand in die Mitwirkung gegeben und früh im Prozesseinen Slogan entwickelt.» Die Folge davon: das «Wir»-Gefühl. «Das haben wir zusammen entwickelt, es ist unser Projekt», fasst es Anderhub zusammen.«Darauf nehmen wir nun Bezug, wenn es konkret wird, und erhoffen uns viel davon.»
Technologie ist bereit – die Menschen auch?
Ähnliche Konklusionen präsentiert Julian Renninger. Und trotzdem geht das Input-Referat des SBB-Mitarbeiters im Bereich Personenverkehr, langfristige Angebotsplanung, in eine ganz andere Richtung. Sein Blick richtet sich auf2050 und noch später – hin zu selbstfahrenden Fahrzeugen, wie sie ab kommendem Jahr im öffentlichen Verkehrim Furttal als Pilotprojekt eingesetzt werden. «Damit die Menschen verstehen können, was das genau ist», sagt Renninger. Dass es funktioniert, das habe er in China gesehen und das zeigen Simulationen. «Bezahlbar ist es auch, mehr oder weniger», sagt er. 200Kilometer Strassen wurden im Furttalkartiert. Renninger ist überzeugt: «Diese Technologie wird kommen, gerade auch in ländlichen Gebieten, um die Versorgung bis in die Kapillaren des öffentlichen Verkehrsnetzes zu ermöglichen.» Und Renninger betont: «Diese Neuerung wird auch das Freiamt verändern. Ihr hier alle miteinander könntet was dafür tun, damit diese Veränderung zum Guten ist.» Was er konkret meint? «Nicht von Anfang an eine Abwehrhaltung einnehmen. Denn verändert hat sich die Mobilität immer.» Pferdekutschen, Eisenbahn, Autos. Das werde weitergehen. Für Julian Renninger ist aber klar, dass dies mit der bestehenden Infrastrukturgeschehen wird. «Mehr Strassen und Bahnlinien, das wird es nicht geben.» Ideen für Optimierungen hingegen schon. Er ist überzeugt, dass die Bahn viel mehr Kapazitäten stemmen könnte. «Wenn etwa alle Züge gleich schnell fahren.» Das Problem: Die einen Züge halten oft an, andere selten.«Es gilt abzuwägen: Will ich, dass die Bahn seltener fährt, dafür öfter anhält?» Auch hier: Fragen gibt es noch viele, Antworten werden in den nächsten Jahren kommen.
Potenzial des Langsamverkehrs– gerade auf dem Land
Veränderungen gibt es im Grossen –selbst fahrende Fahrzeuge sind ein Beispiel dafür. Veränderungen gibt es aber auch im Kleinen. Und dafür kämpft die Arbeitsgruppe «Mobilität und Ortsplanung» des Muri Energie Forums. Valérie Weibel betonte: «Im ländlichen Raum hat der Langsamverkehr viel Potenzial. Mit direkter und sicherer Infrastruktur kann dies freigesetzt werden.» Informieren, sensibilisieren, mitwirken – damit versuche die Arbeitsgruppe, den Stein ins Rollen zu bringen. Auch wenn es um die Tatsache geht, dass rund die Hälfte des Verkehrs in Muri hausgemacht ist –also von Murianerinnen und Murianern verursacht wird. «Es geht nichts, ohne dass die Menschen ihr Verhalten hinterfragen», ist ein Fazit, das Valérie Weibel an diesem Abend zieht. Wohin es in Sachen Mobilitätsstrategie im Bezirk Muri – und darüber hinaus– gehen wird, wird sich zeigen. Mit dem Wirtschaftsforum sind erste Themen angesprochen. Viele weitere werden folgen. Das «Wir» soll dabei grossgeschrieben werden, so wie es alle Referenten raten. Und wie es Hans-Peter Budmiger, Gemeindepräsident von Muri, sagt: «Wir wollen das Thema Mobilitätpositiv wahrnehmen und nicht nur als Dauerfrust.»